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Dashcam Gesetze 2021 – Sind Dashcams im Auto erlaubt in NRW?

von | Feb 17, 2021 | Verkehrsrecht

Verkehrsunfall und keine Zeugen?

Ein unvorhergesehenes Bremsen des Vordermannes, ein rücksichtsloses Einscheren in Ihren Sicherheitsabstand oder ein plötzliches Rückwärtsrollen des Vorausfahrenden und es knallt! Obwohl Sie noch mit aller Kraft „in die Eisen gegangen“ sind, konnten Sie Ihr Fahrzeug nicht mehr zum Stehen bringen und fahren auf Ihren Vordermann auf. Die Konsequenz? Ein meist beträchtlicher Sachschaden, Unmengen an Papierkram mit der Versicherung, schlimmstenfalls sogar ein Bußgeldverfahren und vor allem eins: Ärger! Denn stehen keine Zeugen zur Verfügung, so wird es meist schwer, den Nachweis zu erbringen, dass nicht Sie selbst aus Unachtsamkeit auf Ihren Vordermann aufgefahren sind, sondern dass es eigentlich dessen fehlerhaftes Fahrverhalten war, das den Unfall verursacht hat.

Wer auffährt hat Schuld – Kann die Dashcam Abhilfe schaffen?

Das Problem: im deutschen Recht gibt es den sog. Anscheinsbeweis, der besonders im Verkehrsunfallrecht eine wichtige Rolle spielt. Dieser besagt, dass bei Vorliegen eines typischen Geschehensablaufs – wie etwa dem Auffahrunfall – nach Erfahrungsgrundsätzen geurteilt wird, d.h. es wird von einem Ereignis auf eine bestimmte Folge sowie einen zugrundeliegenden Hergang und das Verschulden hierfür geschlossen. Vereinfacht gesagt: Wer auffährt, hat Schuld! Denn wenn ein unbeteiligter Dritter, der die Situation nicht beobachtet hat, danach gefragt wird, wie sich der Unfall wohl aller Wahrscheinlichkeit nach ereignet haben mag, dann wird er davon ausgehen, dass der Auffahrende zu spät gebremst oder einen ungenügenden Sicherheitsabstand eingehalten haben wird – ihn also die Schuld an dem Unfall trifft.
Was aber, wenn dies in Ihrem speziellen Fall nicht dem tatsächlichen Unfallhergang entspricht? Waren Sie vielleicht schon einmal in einer solchen Situation und haben sich gewünscht, dass in diesem Moment eine Kamera mitgelaufen wäre, die das komplette Geschehen aufgezeichnet hätte und Ihnen so zu Ihrem Recht verhelfen könnte?
Ein Blick in andere Länder lässt diesen Wunsch zur Wirklichkeit werden: In Russland beispielsweise sind die sog. Dashcams nicht mehr aus den Fahrzeugen wegzudenken. Gibt man den Suchbegriff „Dashcam“ bei YouTube ein, so kann man sich stundenlang damit beschäftigen Beinahe- oder tatsächliche Unfälle aus der Perspektive eines Autofahrers zu beobachten. Im Streitfall können diese ein wichtiges Beweismittel sein, da sie das tatsächliche Geschehen vor dem Unfallereignis aufzeichnen und so eine fehlerfreie Bewertung der Schuldfrage ermöglichen.
Doch wie steht es in Deutschland um die kleinen, auf dem Armaturenbrett befestigten Kameras? Sind Dashcams hier – insbesondere in NRW – erlaubt? Darf man den Verkehr dauerhaft filmen und können die Aufzeichnungen der Dashcam in einem möglichen Gerichtsverfahren als Beweismittel verwertet werden?
Auf all diese Fragen rund um das Thema „Dashcams“ möchten wir Ihnen mit diesem Beitrag eine Antwort geben:

Was sind Dashcams?

Zunächst einmal ist natürlich die Frage zu klären, was sich überhaupt hinter dem Begriff der „Dashcam“ verbirgt. Ihren Namen hat die kleine Kamera aufgrund der Position, in der sie sich im Fahrzeug befindet. Angebracht wird sie nämlich in der Regel auf dem sog. Dash Board (englische Bezeichnung für Armaturenbrett). Dort soll sie den Verkehr während der Fahrt aufzeichnen, um im Falle eines Unfalls die Unschuld des Autofahrers beweisen zu können.

Arten von Dashcams

Es gibt Dashcams, die eine Daueraufnahme produzieren und solange eingeschaltet bleiben, bis Sie das Gerät selbst wieder abstellen. Andere Dashcams wiederum verfügen über eine Bewegungserkennung oder einen Parkmodus, sodass sie nur dann aufzeichnen, wenn Sie sich mit Ihrem Fahrzeug fortbewegen. Ebenso gibt es Dashcam-Modelle, die eine Parküberwachung ermöglichen, d.h. die Umgebung Ihres Fahrzeuges filmen, wenn Sie dieses beispielsweise auf einem Supermarktparkplatz abgestellt haben.

Sind Dashcams in Deutschland erlaubt?

Aber wie ist es rechtlich um die kleinen Videorekorder in NRW bestellt? Dürfen Sie ab sofort eine Dashcam in Ihrem Fahrzeug anbringen und während der Fahrt dauerhaft aufzeichnen lassen? Wie die meisten juristischen Fragen ist auch hierauf eine einfache Antwort nicht möglich, denn wie so oft kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Gegen das schlichte Anbringen der Kamera in Ihrem Pkw ist zunächst einmal nichts einzuwenden. Nur bringt der Videorekorder herzlich wenig, wenn gleichzeitig die Aufzeichnung des Verkehrs untersagt ist. Denn sind wir `mal ehrlich – es gibt wahrlich schönere und insbesondere kostengünstigere Dekorationselemente, mit denen das Armaturenbrett geziert werden kann.

Dashcams und der Datenschutz

Das größte Problem bei der dauerhaften Aufzeichnung des Straßenverkehrs ist – wie so häufig – der Datenschutz. Wird der Verkehr dauerhaft gefilmt, so handelt es sich hierbei um eine unzulässige Videoüberwachung, die – insbesondere aufgrund des Umstandes, dass diese unangekündigt erfolgt – untersagt ist. Ohne einen konkreten Anlass dürfen andere Verkehrsteilnehmer mithin nicht mit einer Dashcam gefilmt werden. Dies greift in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, da das Aufzeichnen und Speichern von Gesichtern sowie Autokennzeichen nicht ausbleibt. Das Interesse des Autofahrers, im Falle eines Verkehrsunfalls durch die Videoaufnahme ein Beweismittel zur Verfügung zu haben, reicht als Anlass für den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht anderer Verkehrsteilnehmer aus Sicht der Datenschützer nicht aus.
Die Folge: Wird der Verkehr unter Missachtung dieses Grundsatzes gefilmt, so können aufgrund des Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sogar Bußgelder drohen. 

BGH – Urteil zum Einsatz sog. Dashcams

Aber – und das macht die ganze Sache nun ziemlich paradox – der BGH hat mit Urteil vom 15.05.2018 (Az. VI ZR 233/17) entschieden, dass trotz des bestehenden Datenschutzverstoßes bei permanentem Filmen des Verkehrs die so gewonnenen Videoaufnahmen im Rahmen eines Unfallhaftpflichtprozesses grundsätzlich als Beweismittel verwertet werden dürfen. Hierbei kommt es dann immer auf eine Abwägungsentscheidung im konkreten Einzelfall an. Dies bedeutet, dass jedes aufgezeichnete Verkehrsunfallgeschehen einer Prüfung unterzogen werden muss. Es ist zu schauen, ob das schutzwürdige Interesse des Aufzeichnenden an der Aufklärung des Verkehrsunfalls in dem konkreten Fall das schutzwürdige Interesse des Aufgezeichneten an seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt. Dies ist zugegebenermaßen eine recht komplizierte Materie.

Sind Dashcams im Auto denn nun erlaubt?

Wie lautet in Anbetracht dieser unterschiedlichen rechtlichen Auffassungen denn nun die eingangs versprochene Antwort auf die Frage der Zulässigkeit einer Verwendung von Dashcams im deutschen Straßenverkehr? Es gelten im Wesentlichen die nachstehenden Grundsätze:

  1. Das Anbringen und Mitsichführen einer Dashcam ist erlaubt!
  2. Die dauerhafte Aufzeichnung des Straßenverkehrs und somit anderer Verkehrsteilnehmer stellt einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz dar!
  3. Die Verwertung von mit Dashcams erlangten Aufzeichnungen als Beweismittel in einem Haftpflichtprozess ist grundsätzlich zulässig, bedarf jedoch einer komplizierten Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall!

Bei Fragen rund ums Thema Dashcams helfen wir weiter!

Eine solche Abwägung vorzunehmen ist – insbesondere für juristische Laien – zugegebenermaßen eine beinahe unlösbare Aufgabe. Vor diesem Hintergrund können wir Ihnen nur raten, sich mit Videoaufzeichnungen von einem Verkehrsunfall an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu wenden, der die rechtlichen Besonderheiten richtig einzuordnen vermag und Ihnen so zu Ihrem Recht verhelfen kann. Wir stehen Ihnen mit unserer langjährigen Expertise auf dem Gebiet des Verkehrsunfallrechts gerne zur Seite! Vereinbaren Sie einfach einen Termin mit einem unserer Experten und lassen sich umfassend beraten!