Fragen Sie sich auch, welche Vorschriften im Moment eigentlich gelten? Ursprünglich sollte mit der neuen Straßenverkehrsordnung (StVO), vom 28. April 2020, auch ein neuer Bußgeldkatalog in Kraft treten. Wegen eines Formfehlers wurde dieser Katalog, der deutlich höhere Bußgelder und verschärfte Punkte- und Fahrverbotsgrenzen vorsah, aber für ungültig erklärt. Die Verwirrung war groß. Vorläufig traten damals die alten Regelungen wieder in Kraft. Anfang Oktober 2021, hat der Bundesrat wieder für Klarheit gesorgt. Was zukünftig im Einzelnen gilt, lesen Sie in unserem Artikel.
Ab wann gilt der neue Bußgeldkatalog?
Am 08. Oktober 2021 hat der Bundesrat einer überarbeiteten Version der Bußgeld-Katalogverordnung zugestimmt. Wirksam wird die Novelle, deren Schwerpunkt der bessere Schutz von Fahrradfahrern ist, 21 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Das heißt, der neue Bußgeldkatalog gilt ab 09. November 2021.
Neue StVO: Das sind die Neuerungen
Egal, ob Sie per Auto, Motorrad, E-Bike, E-Scooter oder mit dem traditionellen Fahrrad unterwegs sind: Die neuen Schilder und auch die Bußgelder, die bei Verstößen drohen, sollten Sie kennen. Um Ihnen einen Überblick zu geben, haben wir die wichtigsten neuen Regeln für Sie zusammengefasst:
1. Grüner Pfeil nur für Radfahrer
Radfahrer haben jetzt ein eigenes Schild mit Grünpfeil. Dieses erlaubt Fahrradfahrern das Abbiegen nach rechts von einem Radfahrstreifen oder vom Radweg aus. Auch die bisherige Grünpfeilregelung wurde erweitert. Das Metallschild, das Sie von Ampeln kennen, gilt jetzt auch für Radfahrer, die rechts abbiegen möchten.
2. Fahrradzonen: Hier sind nur Radfahrer erlaubt
Tempo-30-Zonen kennt im Grunde jeder. Nun können auch reine Fahrradzonen ausgewiesen werden, es sei denn, ein zusätzliches Schild erlaubt auch andere Verkehrsteilnehmer. In Fahrradzonen beträgt die Höchstgeschwindigkeit Tempo 30 km/h.
3. Radfahrer, Scooter-Fahrer und Fußgänger überholen: Diesen Mindestabstand müssen Sie einhalten
Die neue StVO präzisiert den Seitenabstand, der beim Überholen vorgeschrieben ist. Kraftfahrzeuge müssen beim Überholen von Fahrradfahrern, Fußgängern und E-Scooter-Fahrern innerorts mindestens 1,5 m Abstand wahren, außerorts sogar zwei Meter.
4. Neues Verkehrsschild: Überholverbot von Zweirädern
An engen Stellen soll zukünftig ein neues Verkehrszeichen aufgestellt werden, das ein Überholverbot für alle Zweiräder vorsieht, also nicht nur Fahrräder und Scooter, sondern auch Motorräder.
5. Schrittgeschwindigkeit für LKW beim Abbiegen
Zu Vermeidung schwerer Unfälle dürfen nun alle Fahrzeuge über 3,5 t, etwa LKWs und Busse, die innerorts rechts abbiegen, nur noch Schrittgeschwindigkeit (7- 11 km/h) fahren. Dieses gilt für Straßen, auf denen mit Fußgängern oder Radfahrern gerechnet werden muss.
6. Extra Parkflächen für Lastenräder
Ob Kinder oder Einkauf: Lastenräder mit Ladefläche erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Mit dem neuen Symbol „Lastenfahrrad“ können eigene Parkflächen und Ladezonen nur für diese Fortbewegungsmittel ausgewiesen werden.
7. Carsharing-Fahrzeuge: Bevorrechtigtes Parken für KfZ von professionellen Anbietern
Um mehr Menschen zum Carsharing zu ermutigen, soll das Parken für Carshare-Autos erleichtert werden. Das neue Symbol des geteilten Autos weist spezielle Zonen dafür aus. Auch ein Ausweis für Carsharing-Fahrzeuge muss hinter der Windschutzscheibe liegen. Leider gilt die Regelung nur für Carshare-Firmen, nicht für privates Carsharing.
8. Mehr Abstand: Parkverbote vor Kreuzung
Bislang galt ein Parkverbot von fünf Metern vor Kreuzungen und Einmündungen. Jetzt müssen Sie zum Parken mindestens acht Meter Abstand zu den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten einhalten. Diese neue Parkregel gilt für Straßen mit baulich angelegtem Fahrradweg rechts neben der Straße. Bei Straßen ohne Fahrradweg gilt die alte fünf-Meter-Regel.
9. Blitzer-App und Radarwarner auf Smartphone und Navi: Ihre Verwendung ist jetzt verboten
Die StVO-Novelle soll die bisherige juristische Grauzone beseitigen, die hinsichtlich der Verwendung von Blitzer- und Radar-Warn-Apps bestand. Die Verwendung von Apps, die Sie vor Blitzern und Radargeräten warnen, wird mit der neuen Straßenverkehrsordnung untersagt.
Neuer Bußgeldkatalog 2021: Falschparker und Raser zahlen mehr, wer keine Rettungsgasse bildet, verliert den Führerschein
Nachdem die peinliche, formale Panne bei der Einführung der StVO-Novelle behoben ist, hat der Bundesrat die seit über einem Jahr erwarteten, höheren Bußgelder beschlossen. Fast alle Geschwindigkeitsverstöße werden um einiges härter bestraft. Auch das Falschparken sowie fehlerhaftes Verhalten im Zusammenhang mit der Rettungsgasse werden empfindlicher sanktioniert.
Viel härtere Strafen drohen laut neuer StVO in drei Fällen:
Geschwindigkeitsverstöße: Temposünder werden in Zukunft stärker zur Kasse gebeten.
Falschparken und Halten in zweiter Reihe: Dafür gibt es deutlich höhere Bußgelder
Ein Fahrverbot droht Verkehrsteilnehmern, die keine Rettungsgasse bilden oder diese benutzen, um schneller voranzukommen.
StVO 2021: höhere Bußgelder beim Geschwindigkeitsverstoß
Um Ihnen zu veranschaulichen, wie drastisch die neuen Strafen ausfallen können, geben wir Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie innerorts statt mit 50 km/h mit 92 km/h unterwegs sind, zahlen Sie nicht mehr 200 € Bußgeld, sondern das Doppelte: 400 €. Sie kassieren darüber hinaus zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot. Die ursprünglich vorgesehenen, schneller erteilten Fahrverbote wurden in der neuen Fassung jedoch gekippt.
Tempoverstöße: Aktuelle und künftige Bußgelder für PKW/Motorräder
Tempoverstoß km/h
aktuelle Bußgelder in Euro
künftige Bußgelder in Euro
Punkte
Fahrverbot in Monaten
bis 10
15
30
11-15
25
50
16-20
35
70
21-25
80
115
1
26-30
100
180
1
11
31-40
160
260
2
1
41-50
200
400
2
1
51-60
280
560
2
2
61-70
480
700
2
3
über 70
680
800
2
3
1 Wenn innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft der ersten Entscheidung ein zweites Mal eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 25 km/h festgestellt wird
Tempoverstoß km/h
aktuelle Bußgelder in Euro
künftige Bußgelder in Euro
Punkte
Fahrverbot in Monaten
bis 10
10
20
11-15
20
40
16-20
30
60
21-25
70
100
1
26-30
80
150
1
11
31-40
120
240
1
11
41-50
160
320
2
1
51-60
240
480
2
1
61-70
440
600
2
2
über 70
600
700
2
3
1 Wenn innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft der ersten Entscheidung ein zweites Mal eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 25 km/h festgestellt wird
Verstöße beim Parken
Bußgeldtatbestand
künftige Bußgelder in Euro
Punkte
Parkverbot missachtet
25
– länger als 1 Stunde
40
– länger als 1 Stunde mit Behinderung
50
– mit Behinderung
40
in zweiter Reihe geparkt
55
– mit Behinderung
80
1
– mit Gefährdung
90
1
– mit Sachbeschädigung
110
1
– länger als 15 Minuten
85
1
– länger als 15 Minuten mit Behinderung
90
1
in Feuerwehrzufahrt geparkt
55
– und dadurch ein Rettungsfahrzeug
im Einsatz behindert
Die gute Nachricht: Fahrverbote wurden nicht verschärft
Daher gibt es auch eine gute Nachricht: Die Fahrverbotsgrenzen bei Tempoverstößen wurden im Vergleich zur alten StVO nicht verschärft. Das bedeutet nach wie vor: Wenn Sie innerorts 31 km/h zu schnell oder außerhalb geschlossener Ortschaften 41 km/h zu schnell fahren, droht ein Fahrverbot.
Höhere Bußgelder für Parkverstöße
Falsches Parken wird ebenfalls etwas teurer. Wenn Sie Ihren Wagen im Park- oder Halteverbot abstellen, kostet das zukünftig 25 € statt der aktuellen 15 €. Sollten Sie über 60 Minuten stehen bleiben und eine Behinderung darstellen, sind 50 € fällig, statt wie bisher 35 €.
Bußgeld bei Behinderung von Rettungsfahrzeuge
Empfindlich bestraft wird nun das Zuparken von Feuerwehrzufahrten und die Behinderung von Rettungsfahrzeugen. Diese Verstöße schlagen mit 100 € und einem Punkt zu Buche. 80 € und ein Punkt werden fällig, wenn das geparkte Auto beispielsweise Radfahrende behindert.
StVO 2021: Verwarnungsgeld für Parken auf Parkplätzen für E-Autos und Car-Sharing-Fahrzeuge
Das ist neu. Wenn Sie Ihr Auto unberechtigt auf einen E-Auto-Parkplatz oder einen Parkplatz für Car-Sharing-Fahrzeuge abstellen, müssen Sie mit einem Verwarnungsgeld von 55 € rechnen.
Strafen für die Gefährdung von Fußgängern
Wer als Autofahrender oder Motorradfahrender beim Abbiegen keine Rücksicht auf Fußgänger nimmt und gefährdet, wird hart bestraft. Der Autofahrende kann mit einem Bußgeld von 140 € (vorher 70 €) rechnen, sowie einem Punkt in Flensburg und einem Monat Fahrverbot. Als Radfahrender drohen Ihnen in einem solchen Fall 70 € und ebenfalls ein Punkt.
Rettungsgasse: Neue StVO sieht verschärfte Strafen vor
Bereits heute winkt Autofahrenden, die keine Rettungsgasse bilden, eine Strafe von 200 € und ein Punkt. Künftig gibt es dafür zusätzlich einen Monat Fahrverbot. Das Fahren durch die Rettungsgasse wird mit mindestens 240 € geahndet, zwei Punkte in Flensburg kommen hinzu, sowie ein Monat Fahrverbot. 320 € können aufgerufen werden, wenn das Fahrzeug dabei andere behindert, gefährdet oder sogar beschädigt.